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Im dritten Jahr des Königreichs des Königs Belsazer erschien mir, Daniel, ein Gesicht nach dem, so mir zuerst erschienen war.

Ich war aber in solchem Gesicht zu Schloß Susan im Lande Elam, am Wasser Ulai.

Und ich hob meine Augen auf und sah, und siehe, ein Widder stand vor dem Wasser, der hatte zwei hohe Hörner, doch eins höher denn das andere, und das höchste wuchs am letzten.

Ich sah, daß der Widder mit den Hörnern stieß gegen Abend, gegen Mitternacht und gegen Mittag; und kein Tier konnte vor ihm bestehen noch von seiner Hand errettet werden, sondern er tat, was er wollte, und ward groß.

Und indem ich darauf merkte, siehe, da kommt ein Ziegenbock vom Abend her über die ganze Erde, daß er die Erde nicht berührte; und der Bock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen.

Und er kam bis zu dem Widder der zwei Hörner hatte, den ich stehen sah vor dem Wasser, und er lief in seinem Zorn gewaltig auf ihn zu.

Und ich sah ihm zu, daß er hart an den Widder kam, und er ergrimmte über ihn und stieß den Widder und zerbrach ihm seine zwei Hörner. Und der Widder hatte keine Kraft, daß er vor ihm hätte können bestehen; sondern er warf ihn zu Boden und zertrat ihn und niemand konnte den Widder von seiner Hand erretten.

Und der Ziegenbock ward sehr groß. Und da er am stärksten geworden war, zerbrach das große Horn, und wuchsen ihm an seiner Statt vier ansehnliche gegen die vier Winde des Himmels.

Und aus einem wuchs ein kleines Horn; das ward sehr groß gegen Mittag, gegen Morgen und gegen das werte Land.

10 Und es wuchs bis an des Himmels Heer und warf etliche davon und von den Sternen zur Erde und zertrat sie.

11 Ja es wuchs bis an den Fürsten des Heeres und nahm von ihm weg das tägliche Opfer und verwüstete die Wohnung seines Heiligtums.

12 Es ward ihm aber solche Macht gegeben wider das tägliche Opfer um der Sünde willen, daß es die Wahrheit zu Boden schlüge und, was es tat, ihm gelingen mußte.

13 Ich hörte aber einen Heiligen reden; und ein Heiliger sprach zu dem, der da redete: Wie lange soll doch währen solch Gesicht vom täglichen Opfer und von der Sünde, um welcher willen diese Verwüstung geschieht, daß beide, das Heiligtum und das Heer zertreten werden?

14 Und er antwortete mir: Bis zweitausend dreihundert Abende und Morgen um sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden.

15 Und da ich, Daniel, solch Gesicht sah und hätte es gern verstanden, siehe, da stand's vor mir wie ein Mann.

16 Und ich hörte mitten vom Ulai her einen mit Menschenstimme rufen und sprechen: Gabriel, lege diesem das Gesicht aus, daß er's verstehe!

17 Und er trat nahe zu mir. Ich erschrak aber, da er kam, und fiel auf mein Angesicht. Er aber sprach zu mir: Merke auf, du Menschenkind! denn dies Gesicht gehört in die Zeit des Endes.

18 Und da er mit mir redete, sank ich in eine Ohnmacht zur Erde auf mein Angesicht. Er aber rührte mich an und richtete mich auf, daß ich stand.

19 Und er sprach: Siehe, ich will dir zeigen, wie es gehen wird zur Zeit des letzten Zorns; denn das Ende hat seine bestimmte Zeit.

20 Der Widder mit den zwei Hörnern, den du gesehen hast, sind die Könige in Medien und Persien.

21 Der Ziegenbock aber ist der König in Griechenland. Das Horn zwischen seinen Augen ist der erste König.

22 Daß aber vier an seiner Statt standen, da es zerbrochen war, bedeutet, daß vier Königreiche aus dem Volk entstehen werden, aber nicht so mächtig, wie er war.

23 In der letzten Zeit ihres Königreiches, wenn die Übertreter überhandnehmen, wird aufkommen ein frecher und tückischer König.

24 Der wird mächtig sein, doch nicht durch seine Kraft; er wird greulich verwüsten, und es wird ihm gelingen, daß er's ausrichte. Er wird die Starken samt dem heiligen Volk verstören.

25 Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten; aber er wird ohne Hand zerbrochen werden.

26 Dies Gesicht vom Abend und Morgen das dir gesagt ist, das ist wahr; aber du sollst das Gesicht heimlich halten, denn es ist noch eine lange Zeit dahin.

27 Und ich, Daniel, ward schwach und lag etliche Tage krank. Darnach stand ich auf und richtete aus des Königs Geschäft. Und verwunderte mich des Gesichts; und war niemand da, der mir's auslegte.

Im ersten Jahr des Darius, des Sohnes Ahasveros, aus der Meder Stamm, der über das Königreich der Chaldäer König ward,

in diesem ersten Jahr seines Königreiches merkte ich, Daniel, in den Büchern auf die Zahl der Jahre, davon der HERR geredet hatte zum Propheten Jeremia, daß Jerusalem sollte siebzig Jahre wüst liegen.

Und ich kehrte mich zu Gott dem HERRN, zu beten und zu flehen mit Fasten im Sack und in der Asche.

Ich betete aber zu dem HERRN, meinem Gott, bekannte und sprach: Ach lieber HERR, du großer und schrecklicher Gott, der du Bund und Gnade hältst denen, die dich lieben und deine Gebote halten:

wir haben gesündigt, unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtrünnig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten gewichen.

Wir gehorchten nicht deinen Knechten, den Propheten, die in deinem Namen unsern Königen, Fürsten, Vätern und allem Volk im Lande predigten.

Du, HERR, bist gerecht, wir aber müssen uns schämen; wie es denn jetzt geht denen von Juda und denen von Jerusalem und dem ganzen Israel, denen, die nahe und fern sind in allen Landen, dahin du sie verstoßen hast um ihrer Missetat willen, die sie an dir begangen haben.

Ja, HERR, wir, unsre Könige, unsre Fürsten und unsre Väter müssen uns schämen, daß wir uns an dir versündigt haben.

Dein aber, HERR, unser Gott, ist die Barmherzigkeit und Vergebung. Denn wir sind abtrünnig geworden

10 und gehorchten nicht der Stimme des HERRN, unsers Gottes, daß wir gewandelt hätten in seinem Gesetz, welches er uns vorlegte durch seine Knechte, die Propheten;

11 sondern das ganze Israel übertrat dein Gesetz, und sie wichen ab, daß sie deiner Stimme nicht gehorchten. Darum trifft uns auch der Fluch und Schwur, der geschrieben steht im Gesetz Moses, des Knechtes Gottes, weil wir an ihm gesündigt haben.

12 Und er hat seine Worte gehalten, die er geredet hat wider uns und unsre Richter, die uns richten sollten, daß er so großes Unglück über uns hat gehen lassen, daß desgleichen unter dem ganzen Himmel nicht geschehen ist, wie über Jerusalem geschehen ist.

13 Gleichwie es geschrieben steht im Gesetz Mose's, so ist all dies große Unglück über uns gegangen. So beteten wir auch nicht vor dem HERRN, unserm Gott, daß wir uns von den Sünden bekehrten und auf deine Wahrheit achteten.

14 Darum ist der HERR auch wach gewesen mit diesem Unglück und hat's über uns gehen lassen. Denn der HERR, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er tut; denn wir gehorchten seiner Stimme nicht.

15 Und nun, HERR, unser Gott, der du dein Volk aus Ägyptenland geführt hast mit starker Hand und hast dir einen Namen gemacht, wie er jetzt ist: wir haben ja gesündigt und sind leider gottlos gewesen.

16 Ach HERR, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berge. Denn um unsrer Sünden willen und um unsrer Väter Missetat willen trägt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her sind.

17 Und nun, unser Gott, höre das Gebet deines Knechtes und sein Flehen, und siehe gnädig an dein Heiligtum, das verstört ist, um des HERRN willen.

18 Neige dein Ohr, mein Gott, und höre, tue deine Augen auf und sieh, wie wir verstört sind und die ganze Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet, nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.

19 Ach HERR, höre, ach HERR, sei gnädig, ach HERR, merke auf und tue es, und verzieh nicht um deiner selbst willen, mein Gott! denn deine Stadt und dein Volk ist nach deinem Namen genannt.

20 Als ich noch so redete und betete und meine und meines Volks Israel Sünde bekannte und lag mit meinem Gebet vor dem HERRN, meinem Gott, um den heiligen Berg meines Gottes,

21 eben da ich so redete in meinem Gebet, flog daher der Mann Gabriel, den ich zuvor gesehen hatte im Gesicht, und rührte mich an um die Zeit des Abendopfers.

22 Und er unterrichtete mich und redete mit mir und sprach: Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, dich zu unterrichten.

23 Den da du anfingst zu beten, ging dieser Befehl aus, und ich komme darum, daß ich dir's anzeige; denn du bist lieb und wert. So merke nun darauf, daß du das Gesicht verstehest.

24 Siebzig Wochen sind bestimmt über dein Volk und über die heilige Stadt, so wird dem Übertreten gewehrt und die Sünde abgetan und die Missetat versöhnt und die ewige Gerechtigkeit gebracht und die Gesichte und Weissagung versiegelt und ein Hochheiliges gesalbt werden.

25 So wisse nun und merke: von der Zeit an, da ausgeht der Befehl, daß Jerusalem soll wieder gebaut werden, bis auf den Gesalbten, den Fürsten, sind sieben Wochen; und zweiundsechzig Wochen, so werden die Gassen und Mauern wieder gebaut werden, wiewohl in kümmerlicher Zeit.

26 Und nach den zweiundsechzig Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden und nichts mehr sein. Und das Volk eines Fürsten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum verstören, daß es ein Ende nehmen wird wie durch eine Flut; und bis zum Ende des Streits wird's wüst bleiben.

27 Er wird aber vielen den Bund stärken eine Woche lang. Und mitten in der Woche wird das Opfer und Speisopfer aufhören. Und bei den Flügeln werden stehen Greuel der Verwüstung, bis das Verderben, welches beschlossen ist, sich über die Verwüstung ergießen wird.

10 Im dritten Jahr des Königs Kores aus Persien ward dem Daniel, der Beltsazar heißt, etwas offenbart, das gewiß ist und von großen Sachen; und er merkte darauf und verstand das Gesicht wohl.

Zur selben Zeit war ich, Daniel, traurig drei Wochen lang.

Ich aß keine leckere Speise, Fleisch und Wein kam nicht in meinen Mund, und salbte mich auch nie, bis die drei Wochen um waren.

Und am vierundzwanzigsten Tage des Monats war ich bei dem großen Wasser Hiddekkel

und hob meine Augen auf und sah, und siehe, da stand ein Mann in Leinwand und hatte einen goldenen Gürtel um seine Lenden.

Sein Leib war wie Türkis, sein Antlitz wie ein Blitz, seine Augen wie feurige Fackeln, seine Arme und Füße wie helles, glattes Erz, und seine Rede war wie ein großes Getön.

Ich, Daniel, aber sah solch Gesicht allein, und die Männer, so bei mir waren, sahen's nicht; doch fiel ein großer Schrecken über sie, daß sie flohen und sich verkrochen.

Und ich blieb allein und sah dies große Gesicht. Es blieb aber keine Kraft in mir, und ich ward sehr entstellt und hatte keine Kraft mehr.

Und ich hörte seine Rede; und in dem ich sie hörte, sank ich ohnmächtig auf mein Angesicht zur Erde.

10 Und siehe, eine Hand rührte mich an und half mir auf die Kniee und auf die Hände,

11 und er sprach zu mir: Du, lieber Daniel, merke auf die Worte, die ich mit dir rede, und richte dich auf; denn ich bin jetzt zu dir gesandt. Und da er solches mit mir redete, richtete ich mich auf und zitterte.

12 Und er sprach zu mir: Fürchte dich nicht, Daniel; denn von dem ersten Tage an, da du von Herzen begehrtest zu verstehen und dich kasteitest vor deinem Gott, sind deine Worte erhört; und ich bin gekommen um deinetwillen.

13 Aber der Fürst des Königreiches im Perserland hat mir einundzwanzig Tage widerstanden; und siehe, Michael, der vornehmsten Fürsten einer, kam mir zu Hilfe; da behielt ich den Sieg bei den Königen in Persien.

14 Nun aber komme ich, daß ich dich unterrichte, wie es deinem Volk hernach gehen wird; denn das Gesicht wird erst nach etlicher Zeit geschehen.

15 Und als er solches mit mir redete, schlug ich mein Angesicht nieder zur Erde und schwieg still.

16 Und siehe, einer, gleich einem Menschen, rührte meine Lippen an. Da tat ich meinen Mund auf und redete und sprach zu dem, der vor mir stand: Mein HERR, meine Gelenke beben mir über dem Gesicht, und ich habe keine Kraft mehr;

17 und wie kann der Knecht meines HERRN mit meinem HERRN reden, weil nun keine Kraft mehr in mir ist und ich auch keinen Odem mehr habe?

18 Da rührte einer, gleich wie ein Mensch gestaltet, mich abermals an und stärkte mich

19 und sprach: Fürchte dich nicht, du lieber Mann! Friede sei mit dir! Und sei getrost, sei getrost! Und als er mit mir redete, ermannte ich mich und sprach: Mein HERR rede! denn du hast mich gestärkt.

20 Und er sprach: Weißt du auch, warum ich zu dir gekommen bin? Jetzt will ich wieder hin und mit dem Fürsten in Perserland streiten; aber wenn ich wegziehe, siehe, so wird der Fürst von Griechenland kommen.

21 Doch ich will dir anzeigen, was geschrieben ist, was gewiß geschehen wird. Und es ist keiner, der mir hilft wider jene, denn euer Fürst Michael,

Daniels zweite Vision vom Schafbock und Ziegenbock

Im 3. Regierungsjahr von König Belsazar hatte ich, Daniel, eine zweite Vision: Dabei sah ich mich selbst in der königlichen Residenz Susa in der Provinz Elam. Ich stand am Ulai-Kanal, und als ich mich umschaute, entdeckte ich am Ufer einen Schafbock. Er hatte zwei lange Hörner; das eine war größer als das andere, obwohl es erst später gewachsen war. Ich sah, wie der Schafbock mit seinen Hörnern nach Westen, Norden und Süden Stöße austeilte. Kein Tier konnte sich ihm widersetzen, und wenn er eines in seiner Gewalt hatte, konnte niemand mehr helfen. Er tat, was er wollte, und wurde immer mächtiger.

Während ich noch darüber nachdachte, was dies zu bedeuten hatte, kam plötzlich ein Ziegenbock vom Westen her über die ganze Erde. Er lief so schnell, dass er kaum den Boden berührte. Zwischen den Augen hatte er ein auffällig starkes Horn. Als er bei dem Schafbock angelangt war, den ich am Kanal gesehen hatte, stürzte er sich mit voller Wucht auf ihn und griff ihn an. Die zwei kämpften erbittert, bis der Ziegenbock seinem Feind beide Hörner abbrach. Der Schafbock hatte keine Kraft mehr, sich zu wehren, er wurde zu Boden geworfen und zertrampelt. Niemand kam ihm zu Hilfe.

Jetzt wurde der Ziegenbock noch mächtiger, doch auf dem Höhepunkt seiner Macht brach das große Horn ab. An seiner Stelle kamen vier andere Hörner zum Vorschein, die in alle vier Himmelsrichtungen wuchsen. Aus einem von ihnen brach noch ein weiteres Horn hervor. Zuerst war es sehr klein, aber dann wuchs es immer mehr nach Süden, nach Osten und in Richtung Israel, des herrlichen Landes. 10 Ja, es erreichte sogar die Mächte des Himmels, warf einige von ihnen und von den Sternen auf die Erde hinunter und zertrat sie. 11 Selbst den Herrn des Himmels forderte es heraus, denn es schaffte die regelmäßigen Opfer ab, die ihm dargebracht wurden, und entweihte seinen Tempel. 12 Es setzte ein ganzes Heer ein, das die täglichen Opfer mit Gewalt unterbinden sollte.[a] So trat es die Wahrheit mit Füßen, und was immer es unternahm, gelang ihm.

13 Dann hörte ich, wie ein Engel einen anderen fragte: »Wie lange wird all das dauern, was in der Vision zu sehen war? Wann wird man Gott wieder die regelmäßigen Opfer darbringen können? Wann hat die Auflehnung gegen den Herrn des Himmels und die schreckliche Entweihung des Tempels ein Ende?« 14 Der andere Engel antwortete: »Erst nach 2300 Tagen[b] wird das Heiligtum wieder neu geweiht werden.«

15 Ich dachte noch über das Gesehene nach, als plötzlich jemand vor mir stand, der wie ein Mann aussah. 16 Gleichzeitig hörte ich, wie eine Stimme vom Ulai-Kanal ihm zurief: »Gabriel, erkläre du ihm die Vision!« 17 Der Engel trat ganz nahe an mich heran. Ich erschrak und fiel vor ihm zu Boden. Er aber sagte zu mir: »Du Mensch, hör genau zu: Dir wurde vor Augen geführt, was in der fernen Zukunft geschehen wird.«

18 Während er so zu mir sprach, lag ich wie betäubt am Boden mit dem Gesicht nach unten. Doch der Engel berührte mich und half mir wieder auf die Beine. 19 Dann sagte er: »Ich will dir erklären, was sich ereignet, wenn Gottes Zorn losbricht und das Ende kommt. Die Zeit dafür ist schon festgelegt. 20 Der Schafbock mit den beiden Hörnern ist das Reich der Meder und Perser mit ihren Herrschern. 21 Der zottige Ziegenbock ist das Reich der Griechen, und das große Horn zwischen den Augen des Bocks der erste König dieses Reiches. 22 Du hast gesehen, wie das Horn abbrach und an seiner Stelle vier andere nachwuchsen. Dies bedeutet, dass aus dem einen Königreich vier andere entstehen werden. Sie werden aber nicht so mächtig sein wie das erste. 23 Am Ende ihrer Herrschaft wird die Gottlosigkeit überhandnehmen und das Maß der Schuld voll sein.

Dann kommt ein rücksichtsloser und hinterhältiger König 24 und erlangt große Macht, wenn auch nicht aus eigener Kraft. Schreckliches Verderben richtet er an, und was er unternimmt, das hat Erfolg. Er schaltet mächtige Herrscher aus, sogar Gottes heiliges Volk stürzt er ins Verderben. 25 Weil er so schlau und gerissen ist, gelingt es ihm, die Menschen zu täuschen. In seinem Größenwahn bringt er viele ohne jede Warnung um. Selbst dem höchsten Herrn stellt er sich entgegen, doch schließlich wird er ohne menschliches Zutun vernichtet.

26 Hör zu, Daniel! Alles, was du über die 2300 Tage erfahren hast, wird eintreffen. Behalte die Vision genau im Gedächtnis! Denn es dauert noch lange, bis sie sich ganz erfüllt hat.«

27 Danach war ich völlig erschöpft und tagelang krank. Als es mir besser ging, nahm ich meinen Dienst beim König wieder auf. Doch ich war noch immer entsetzt über die Vision und konnte sie mir nicht erklären.

Daniel bekennt die Schuld seines Volkes

Der Meder Darius, der Sohn von Xerxes[c], war König von Babylonien geworden. In seinem 1. Regierungsjahr forschte ich, Daniel, in den heiligen Schriften. Ich las dort, wie der Herr dem Propheten Jeremia ankündigte, dass Jerusalem siebzig Jahre in Trümmern liegen würde.[d] Da wandte ich mich mit Bitten und Flehen an den Herrn, meinen Gott, ich fastete, zog ein Trauergewand an und streute Asche auf meinen Kopf. Ich bekannte dem Herrn die Schuld unseres Volkes:

»Ach, Herr, du großer und ehrfurchtgebietender Gott! Du hältst deinen Bund mit uns und erweist allen deine Güte, die dich lieben und nach deinen Geboten leben. Doch wir haben gegen dich gesündigt und großes Unrecht begangen, als wir dir den Rücken kehrten! Ja, wir haben uns gegen dich aufgelehnt und deine Gebote und Weisungen umgangen. Die Mahnungen deiner Diener, der Propheten, schlugen wir in den Wind, dabei haben sie in deinem Auftrag zu unseren Vorfahren, unseren Königen, den führenden Männern und zum ganzen Volk gesprochen. Du, Herr, hast recht gehandelt, wir haben es verdient, dass du uns so schwer bestraft und in andere Länder vertrieben hast. Wir müssen heute beschämt vor dir stehen: die Bewohner von Juda und Jerusalem und alle vertriebenen Israeliten nah und fern. Unser ganzes Volk hat dir die Treue gebrochen. Herr, wir haben schwere Schuld auf uns geladen: unsere Könige, die führenden Männer und auch unsere Vorfahren. Dafür schämen wir uns in Grund und Boden.

Doch du, Herr, unser Gott, bist voller Erbarmen; bei dir finden wir Vergebung, obwohl wir von dir nichts mehr wissen wollten. 10 Wir haben uns taub gestellt, wir haben nicht auf deine Diener, die Propheten, gehört, die uns deine Gebote weitergegeben haben. 11 Ganz Israel hat deine Weisungen missachtet und deine Worte in den Wind geschlagen. Deshalb hat uns nun dein Fluch getroffen, den du im Gesetzbuch deines Dieners Mose allen angedroht hast, die sich gegen dich auflehnen. 12 Noch nie ist über ein Volk ein solches Unheil hereingebrochen, wie es die Menschen in Jerusalem jetzt erleben. Du hast deine Drohungen gegen uns und unsere führenden Männer wahr gemacht! 13 Ja, du hast uns ins Unglück gestürzt, wie es im Gesetzbuch des Mose angekündigt ist. Und wir haben auch nichts unternommen, um dich wieder gnädig zu stimmen, Herr, unser Gott. Wir sind nicht von unseren falschen Wegen umgekehrt und haben uns nicht an deine Wahrheit gehalten. 14 Darum warst du entschlossen, uns die Folgen spüren zu lassen. Unsere Strafe war gerecht, so wie alles, was du tust, Herr, unser Gott. Wir aber wollten nicht auf dich hören.

15 Ja, Herr, wir haben gesündigt und dir den Rücken gekehrt. Du bist unser Gott, du hast uns, dein Volk, mit starker Hand aus Ägypten befreit. So hast du deinen Namen in aller Welt bekannt gemacht, noch heute spricht man von deinen Taten. 16 Immer wieder hast du deine Gerechtigkeit und Treue unter Beweis gestellt. Sei nicht länger zornig über deine Stadt Jerusalem und über deinen heiligen Berg Zion! Schon unsere Vorfahren haben große Schuld auf sich geladen, und auch wir haben weiter gegen dich gesündigt. Jetzt sind Jerusalem und unser ganzes Volk zum Gespött aller Nachbarvölker geworden.

17 Herr, höre doch jetzt, wenn ich zu dir flehe! Unser Gott, blicke wieder freundlich auf dein Heiligtum! Es geht um deine Ehre! 18 Wende dich mir zu und erhöre mich, du, mein Gott! Öffne deine Augen und sieh, wie es um uns steht: Die Stadt, die deinen Namen trägt, liegt in Trümmern. Wir flehen zu dir, nicht weil wir deine Hilfe verdient hätten, sondern weil du gnädig und barmherzig bist. 19 Herr, vergib uns! Greif ein und handle! Um deiner eigenen Ehre willen zögere nicht länger, Herr, es geht um deine Stadt und dein Volk.«

Das Geheimnis der siebzig mal sieben Jahre

20 So betete ich und bekannte dem Herrn meine Schuld und die Schuld meines Volkes. Ich flehte ihn an, sich über sein Heiligtum auf dem Berg Zion zu erbarmen.

21 Noch während ich betete, eilte der Engel Gabriel herbei, den ich schon früher in meiner Vision gesehen hatte. Es war gerade die Zeit des Abendopfers. 22 »Daniel«, sagte er zu mir, »ich bin gekommen, um dir all diese Dinge zu erklären. 23 Schon als du anfingst zu beten, sandte Gott mich mit einer Antwort zu dir, denn er liebt dich. Achte nun auf das, was ich dir zu sagen habe, damit du die Vision verstehst: 24 Siebzig mal sieben Jahre[e] müssen vergehen, bis Gott seine Absicht mit deinem Volk und mit der Heiligen Stadt erreicht hat: Zu dieser Zeit bereitet er der Auflehnung gegen ihn ein Ende, die Macht der Sünde wird gebrochen, und die Schuld ist gesühnt. Dann wird Gott für immer Heil und Gerechtigkeit bringen, die Visionen und Voraussagen der Propheten erfüllen sich, und das Allerheiligste wird geweiht[f].

25 Nun hör gut zu, damit du meine Worte verstehst: Zwischen dem Befehl, Jerusalem wieder aufzubauen, und dem Auftreten eines von Gott erwählten Herrschers liegen sieben mal sieben Jahre. Zweiundsechzig mal sieben Jahre lang werden[g] in Jerusalem wieder Straßen und Befestigungsgräben errichtet sein, doch es wird in dieser Zeit viel Bedrängnis geben. 26 Nach den zweiundsechzig mal sieben Jahren wird ein von Gott Auserwählter hingerichtet, ohne dass er irgendwo Hilfe findet[h]. Dann zerstört das Heer eines fremden Machthabers die Stadt und den Tempel wie eine reißende Flut. Bis zum Ende herrschen Krieg und Verwüstung, denn so hat es Gott beschlossen. 27 Der Machthaber wird mit vielen Menschen ein Bündnis schließen, das sieben Jahre lang gelten wird. Nach der Hälfte dieser Zeit verbietet er das tägliche Schlacht- und Speiseopfer am Tempel und führt dort stattdessen einen abscheulichen Götzendienst ein. Doch auch dieser grausame Herrscher wird untergehen, denn Gott hat sein Urteil über ihn gesprochen.«

Daniels letzte Vision am Ufer des Tigris

10 Im 3. Regierungsjahr des persischen Königs Kyrus wurde Daniel, den man auch Beltschazar nannte, eine Botschaft von Gott offenbart. Sie kündigt eine Zeit großer Not an und wird sich ganz sicher erfüllen. Als Daniel sich noch darum bemühte, die Botschaft zu begreifen, wurde sie ihm in einer Vision erklärt. Er berichtet:

Damals trauerte ich, Daniel, drei Wochen lang, ich verzichtete auf alle erlesenen Speisen und auf Fleisch, trank keinen Wein und verwendete keine wohlriechenden Salböle. Am 24. Tag des 1. Monats stand ich am Ufer des Tigris. Als ich aufblickte, sah ich einen Mann, der ein weißes Leinengewand mit einem Gürtel aus feinstem Gold trug. Sein Leib funkelte wie ein Edelstein[i], sein Gesicht leuchtete wie ein Blitz, und die Augen glichen brennenden Fackeln. Die Arme und Beine schimmerten wie polierte Bronze, und seine Stimme war so laut wie die Rufe einer großen Menschenmenge.

Ich war der Einzige, der die Erscheinung wahrnahm. Meine Begleiter konnten sie nicht sehen, doch sie bekamen plötzlich große Angst, liefen davon und versteckten sich. So blieb ich allein zurück und spürte, wie mich beim Anblick der beeindruckenden Gestalt alle Kräfte verließen. Ich wurde kreidebleich und konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Da fing der Mann an zu sprechen, und als ich seine gewaltige Stimme hörte, verlor ich die Besinnung, fiel um und blieb mit dem Gesicht am Boden liegen. 10 Doch eine Hand berührte mich und rüttelte mich wach. Ich konnte auf die Knie gehen und mich mit den Händen abstützen.

11 Der Mann sprach zu mir: »Gott liebt dich, Daniel! Steh auf und achte auf meine Worte, denn Gott hat mich zu dir geschickt.« Zitternd stand ich auf. 12 »Hab keine Angst!«, ermutigte er mich. »Du wolltest gern erkennen, was Gott tun will, und hast dich vor ihm gedemütigt. Schon an dem Tag, als du anfingst zu beten, hat er dich erhört. Darum bin ich nun zu dir gekommen. 13 Aber der Engelfürst des Perserreichs stellte sich mir entgegen und hielt mich einundzwanzig Tage lang auf. Doch dann kam mir Michael zu Hilfe, einer der höchsten Engelfürsten. Ihm konnte ich den Kampf gegen den Engelfürsten der Perser überlassen. 14 Jetzt bin ich hier, um dir zu erzählen, wie es in späterer Zeit mit deinem Volk weitergeht. Denn was du nun von mir erfährst, liegt noch in ferner Zukunft.«

15 Als er so zu mir redete, blickte ich zu Boden und brachte kein Wort mehr heraus. 16 Der Engel, der aussah wie ein Mensch, berührte meine Lippen, und ich konnte wieder sprechen. Ich sagte zu ihm: »Mein Herr, deine Erscheinung lässt mich zittern wie eine Frau in den Wehen, sie hat mir alle Kraft genommen! 17 Ich stehe vor dir wie ein Sklave vor seinem Herrn. Wie könnte ich es wagen, überhaupt ein Wort an dich zu richten? Dazu fehlt mir der Mut, und meine Kehle ist wie zugeschnürt.«

18 Der Engel, der wie ein Mensch aussah, berührte mich noch einmal und gab mir dadurch Kraft. 19 »Hab keine Angst, denn Gott liebt dich!«, sagte er. »Friede sei mit dir! Sei jetzt stark und mutig!« Während er mit mir sprach, kehrte meine Kraft zurück, und ich antwortete: »Rede nun, mein Herr! Du hast mich gestärkt, darum bin ich bereit zu hören, was du mir sagen möchtest

20-21 Er entgegnete: »Weißt du überhaupt, warum ich zu dir gekommen bin? Ich will dir die Botschaft anvertrauen, die im Buch der Wahrheit aufgeschrieben ist. Doch bald muss ich wieder umkehren, um den Kampf mit dem Engelfürsten der Perser zu Ende zu führen. Wenn ich ihn besiegt habe, wird der Engelfürst von Griechenland mich angreifen. Gegen diese beiden steht mir allein Michael bei, der Engelfürst eures Volkes.

Footnotes

  1. 8,12 Der hebräische Text ist nicht sicher zu deuten.
  2. 8,14 Wörtlich: 2300 Abend-Morgen. – Es ist möglich, dass diese Angabe sich auf die täglichen Opfer bezieht, die morgens und abends dargebracht wurden. Dann könnte man auch übersetzen: nach 1150 Tagen. Ebenso in Vers 26.
  3. 9,1 Nicht zu verwechseln mit dem persischen König Xerxes im Buch Esther.
  4. 9,2 Vgl. Jeremia 25,11; 2. Chronik 36,21.
  5. 9,24 Wörtlich: Siebzig Siebenheiten. – Eine »Siebenheit« (oder traditionell »Woche«) ist hier wohl als ein Zeitraum von sieben Jahren zu verstehen.
  6. 9,24 Oder: und der Allerheiligste wird gesalbt. – Dann wäre hier der Messias gemeint.
  7. 9,25 Oder: liegen sieben mal sieben Jahre und zweiundsechzig mal sieben Jahre. So lange werden.
  8. 9,26 Wörtlich: und er wird nicht haben. – Der hebräische Text ist nicht sicher zu deuten.
  9. 10,6 Wörtlich: wie ein Türkis.