Das Wiedersehen

28 Jakob schickte Juda voraus. Er sollte Josef ausrichten, dass sie nach Goschen ziehen würden. 29 Josef ließ sofort seinen Wagen anspannen und fuhr ihnen entgegen. Er fiel seinem Vater um den Hals und weinte lange. 30 Jakob sagte: »Jetzt bin ich bereit zu sterben! Ich habe dich gesehen und weiß, dass du lebst!«

31 Josef wandte sich an die ganze Familie: »Ich gehe zum Pharao und erzähle ihm, dass ihr von Kanaan hierhergekommen seid. 32 Ich sage ihm: ›Diese Männer sind Viehhirten. Sie haben ihre Rinder, Schafe und Ziegen sowie ihren ganzen Besitz mitgebracht!‹ 33 Wenn der Pharao euch nach eurem Beruf fragt, 34 dann antwortet: ›Schon seit vielen Generationen sind wir Viehhirten.‹ Wenn ihr ihm das sagt, wird er euch sicher hier in Goschen wohnen lassen. Die Ägypter wollen nämlich mit Viehhirten nichts zu tun haben, dieser Beruf ist bei ihnen verachtet.«

Jakob beim Pharao

47 1-2 Wie versprochen, ging Josef zum Pharao. »Mein Vater und meine Brüder sind von Kanaan hierhergekommen«, sagte er, »ihren Besitz und ihre Viehherden haben sie mitgebracht. Jetzt sind sie in Goschen.« Dann holte er fünf seiner Brüder herein und stellte sie dem Pharao vor. »Welchen Beruf übt ihr aus?«, fragte der Pharao. »Wir sind Hirten – wie schon unsere Vorfahren«, antworteten sie. »Wir möchten uns gern vorübergehend in Ägypten niederlassen. Die Hungersnot in Kanaan wird immer unerträglicher, alle Weideplätze für unsere Herden sind vertrocknet. Bitte gib deine Zustimmung, dass wir in Goschen wohnen können!«

5-6 Der Pharao wandte sich an Josef: »Goschen ist der beste Teil unseres Landes. Gern dürfen dein Vater und deine Brüder dort wohnen bleiben! Und wenn unter ihnen geschickte Männer sind, kannst du sie zu Aufsehern über meine Herden ernennen.«

Dann brachte Josef seinen Vater Jakob herein. Jakob begrüßte den Pharao mit einem Segenswunsch. »Wie alt bist du?«, fragte der Pharao. »Ich bin nun 130 Jahre alt und habe mein Leben als Fremder verbracht, mal hier und mal dort«, antwortete Jakob. »Auch meine Vorfahren zogen heimatlos umher, doch im Vergleich zu ihnen war mein Leben hart und kurz.« 10 Dann verabschiedete Jakob sich wieder mit einem Segenswunsch.

11 Josef gab seinem Vater und seinen Brüdern Grundbesitz im fruchtbarsten Gebiet Ägyptens, wie der Pharao gesagt hatte. Es war die Gegend nahe bei der Stadt Ramses. 12 Er versorgte jede Familie nach der Zahl ihrer Kinder mit so viel Lebensmitteln, wie sie brauchten.

Die Verwaltung des Landes

13 Die Hungersnot wurde immer drückender, weil auf den Feldern nichts mehr wuchs. Nicht nur in Kanaan, auch in Ägypten litten die Menschen schwer darunter.

14 Josef verkaufte Getreide und übergab dem Pharao das Geld. Er nahm so gut wie alles Geld ein, das es in Kanaan und Ägypten gab. 15 Deshalb hatten die Ägypter auch nichts mehr, womit sie bezahlen konnten. Sie kamen zu Josef und flehten: »Sollen wir sterben, nur weil wir kein Geld mehr haben? Bitte gib uns Brot!« 16 »Gebt mir euer Vieh«, entgegnete Josef, »dann bekommt ihr Brot dafür!« 17 Sie brachten ihr Vieh zu ihm, und er gab ihnen Getreide. Bald waren alle Pferde, Schafe, Ziegen, Rinder und Esel Ägyptens im Besitz des Pharaos.

18 Ein Jahr später kamen die Ägypter wieder zu Josef und sagten: »Herr, wir haben kein Geld mehr, und das Vieh gehört auch schon dir! Wir können dir nur noch uns selbst und unsere Felder geben! 19 Lass uns nicht sterben! Kauf uns und unser Land, wir wollen uns mitsamt unserem Grundbesitz dem Pharao als Leibeigene zur Verfügung stellen. Nur gib uns Getreide zum Leben und Saatgut, damit unsere Felder nicht veröden!«

20 Josef kaufte das ganze Land auf. Weil die Hungersnot so groß war, musste jeder seinen Grundbesitz dem König überlassen. 21 Alle Bewohner Ägyptens wurden zu Sklaven des Pharaos.[a] 22 Nur das Eigentum der Priester kaufte Josef nicht. Sie bekamen ein festes Einkommen vom Pharao und brauchten deshalb ihren Besitz nicht abzugeben.

23 Josef ließ allen Ägyptern melden: »Hört her! Ab heute gehört ihr mitsamt euren Feldern dem Pharao! Dafür bekommt ihr nun Saatgut, das ihr aussäen sollt. 24 Sobald die Ernte eingebracht ist, müsst ihr den fünften Teil für den König abliefern. Vom Rest könnt ihr eure Familien ernähren und wieder neue Saat aufsparen.« 25 »Du hast uns das Leben gerettet«, antworteten sie, »wir sind gerne Diener des Pharaos.«

26 Josef machte es zu einem Gesetz in Ägypten, dass ein Fünftel der Ernte dem Pharao gehören sollte. Diese Verordnung gilt dort noch heute. Nur der Grundbesitz der Priester wurde nicht Eigentum des Pharaos.

Jakobs letzter Wunsch

27 Jakob und seine Verwandten ließen sich in Goschen nieder. Sie vermehrten sich und wuchsen zu einem großen Volk heran, den Israeliten.

28 Jakob selbst lebte noch 17 Jahre in Ägypten. Er wurde 147 Jahre alt. 29 Als er merkte, dass er bald sterben würde, rief er Josef zu sich. »Bitte erfülle mir meinen letzten Wunsch!«, bat er. »Leg die Hand auf meinen Unterleib und versprich mir, dass du mich nicht in Ägypten begräbst! So kannst du mir ein letztes Mal deine Liebe erweisen. 30 Ja, bring mich von hier fort, wenn ich gestorben bin, und begrab mich neben meinen Vorfahren!« »Das verspreche ich dir!«, antwortete Josef. 31 »Schwöre!«, bat Jakob. Josef schwor. Da verneigte sich Jakob dankbar auf seinem Bett.

Jakob segnet Ephraim und Manasse

48 Kurze Zeit später erhielt Josef die Nachricht: »Es steht nicht gut um deinen Vater.« Sofort eilte er mit seinen Söhnen Ephraim und Manasse zu ihm.

Als Jakob hörte, dass Josef gekommen war, setzte er sich mit letzter Kraft im Bett auf. Er sagte zu Josef: »Der allmächtige Gott ist mir bei Lus im Land Kanaan erschienen. Er hat mich gesegnet und mir versprochen: ›Ich werde dir so viele Nachkommen schenken, dass von dir eine ganze Schar von Völkern abstammen wird. Ihnen gebe ich dieses Land, sie sollen es für immer besitzen.‹ Josef, ich möchte Ephraim und Manasse als meine Söhne annehmen!«, fuhr Jakob fort. »Sie wurden in Ägypten geboren, bevor ich hierherkam, und werden nun Ruben und Simeon gleichgestellt. Die Söhne aber, die du nach ihnen bekommen hast, gelten als deine eigenen. Sie sollen kein Erbe bekommen, sondern zu Ephraim und Manasse gezählt werden. Dies tue ich, weil ich deine Mutter Rahel immer besonders geliebt habe. Als wir aus Mesopotamien zurückkamen, starb sie in Kanaan, nicht weit von Efrata, dem heutigen Bethlehem. Dort begrub ich sie.«

Jakob blickte Ephraim und Manasse an. »Wer sind sie?«, fragte er. »Das sind die beiden Söhne, die Gott mir in Ägypten geschenkt hat«, antwortete Josef. »Bring sie zu mir, ich will sie segnen!«, bat Jakob. 10 Jakobs Augen waren im Alter schwach geworden, er konnte kaum noch sehen. Darum brachte Josef die beiden nah an ihn heran. Jakob umarmte und küsste sie. 11 Dann wandte er sich wieder an Josef und sagte: »Ich hätte nicht geglaubt, dich jemals wiederzusehen. Jetzt lässt Gott mich sogar noch deine Kinder erleben!«

12 Josef nahm Ephraim und Manasse weg von Jakobs Knien und verbeugte sich tief vor seinem Vater. 13 Dann nahm er die beiden an die Hand und stellte Ephraim an Jakobs linke, Manasse an seine rechte Seite. 14 Aber Jakob kreuzte seine Hände und legte seine rechte Hand auf Ephraims Kopf, obwohl er der Jüngere war; seine linke legte er auf Manasses Kopf, obwohl er der Ältere war. 15 Er segnete Josef und seine Söhne und sagte: »Schon meine Väter Abraham und Isaak gingen ihren Weg mit Gott, dem Herrn. Und auch für mich hat er mein Leben lang wie ein guter Hirte gesorgt. 16 Sein Engel hat mich aus allen Gefahren gerettet. Dieser Gott möge auch Ephraim und Manasse reich beschenken! Sie sollen weitertragen, was er mit Abraham, Isaak und mir begonnen hat![b] Ihre Nachkommen sollen zahlreich werden und das Land bevölkern!«

17 Josef gefiel es nicht, dass Jakob seine rechte Hand auf Ephraims Kopf gelegt hatte. Er nahm sie, um sie auf Manasse zu legen. 18 »Er ist der Erstgeborene!«, sagte er. »Leg deine rechte Hand auf ihn!« 19 Aber sein Vater ging nicht darauf ein. »Ich weiß, mein Sohn, ich weiß!«, erwiderte er. »Auch von Manasse wird ein großes Volk abstammen, aber Ephraim steht eine noch größere Zukunft bevor. Seine Nachkommen werden einmal unzählige Völker bilden!«

20 Schließlich segnete Jakob die beiden noch einmal ganz persönlich: »Euer Name soll sprichwörtlich sein, wenn man sich in Israel Gutes wünscht. Dann wird man sagen: ›Gott erweise dir Gutes wie Ephraim und Manasse!‹« Auf diese Weise gab er Ephraim den Vorrang vor seinem älteren Bruder Manasse. 21 Zu Josef sagte er: »Ich muss bald sterben. Aber Gott wird euch helfen und euch nach Kanaan zurückbringen, in das Land eurer Vorfahren. 22 Du sollst deinen Brüdern etwas voraushaben: Ich verspreche dir das Bergland, das ich den Amoritern im Kampf mit Schwert und Bogen abgenommen habe.«

Footnotes

  1. 47,21 So nach der griechischen Übersetzung. Der hebräische Text lautet: Das Volk ließ er in die Städte ziehen, von einem Ende Ägyptens zum anderen.
  2. 48,16 Wörtlich: In ihnen soll mein Name weiterleben und der von Abraham und Isaak.